Begleitveranstaltung

Konzert Laboratorium klingt II

MI 14/09/2022 --- 17:00 Uhr --- Erasmushaus

«Phantasma» 
Ensemble Bastion: Maruša Brezavšček (Blockflöte), Martin Jantzen (Viola da Gamba), Melanie Flores (Cembalo), Elias Conrad (Theorbe)
Werke von B. Marini, G.B. Fontana, C. Höffler, A. Kühnel, D. Castello, G.A. Pandolfi Mealli

 

Werke aus dem italienischen- und deutschsprachigen Raum des 17. Jahrhunderts. Hungersnöte, Seuchen und Kriege grassieren in Europa. Dennoch bildet dieses düstere Klima einen musikalischen Nährboden für einen Stil, der von unglaublichem Ideenreichtum, grenzenloser Experimentierfreude und zügelloser Abenteuerlust geprägt ist. Der Stylus Phantasticus vereint kompositorische und spieltechnische Fertigkeit mit dem Phantastischen, Bizarren und Unberechenbaren.

 

Biagio Marini (1549 - 1663)
Trio Sonata in d-Moll, op. 22, no. 20

Giovanni Battista Fontana  (1571 - 1630)
Sonata Seconda in D-Dur

Conrad Höffeler (1647–1696)
Präludium in G-Dur aus: primiAæ chelicæ,

August Kühnel (1645 – ca. 1700)
Sonata Nr. VII mit Variationen in G-Dur

Dario Castello (1602 – 1631)
Sonata Quinta in G-Dur 

Giovanni Antonio Pandolfi Mealli (1624 – 1687)
La Castella in D-Dur

Dario Castello (1602 – 1631)
Quarta Sonata a due in e-Moll

 

 

Das Europa des 17. Jahrhunderts - Hungersnöte, Seuchen und Kriege grassieren auf dem ganzen Kontinent und hinterlassen weite Teile des italienisch- und deutschsprachigen Raums als Trümmerfeld. Eine denkbar ungünstige Ausgangslage und dennoch bildet dieses düstere Klima einen musikalischen Nährboden für einen Stil, der von unglaublichem Ideenreichtum, grenzenloser Experimentierfreude und zügelloser Abenteuerlust geprägt ist. Der Stylus Phantasticus vereint kompositorische und spieltechnischeFertigkeit mit dem Phantastischen, Bizarren und Unberechenbaren - von sphärischen Momenten bis zu wildem Tanz, kühnem Witz und schrankenloser Virtuosität.

Das Programm bilden Werke aus dem italienischen- und deutschsprachigen Raum. Mit Biago Marini (1594-1663) und Giovanni Batista Fontana (1589 - 1627) sind es gleich zwei hervorragende Violinvirtuosen, dieaus Brescia stammen. Dabei ist es gut möglich, dass Marini selbst Unterricht von Fontana erhielt, der zeitlebens vor allem für seine innovativen Instrumentalkompositionen große Bekanntheit genoss. Seine Experimentieraffinität zeigt sich etwa in seiner Erweiterung der Violintechnik wie durch die Verwendung von Scordaturen, oder skurrilen Sonaten, die die üblichen Formen aufbrechen, wie zum Beispiel die Sonatasenza cadenza, die ganz ohne Kadenzen komponiert ist. Fontanas Solosonaten mit Generalbass bildenzusammen mit den entsprechenden Arbeiten aus den Affetti musicali op. 1 (1617) von Marini die erstenerhaltenen Versuche, eine einzelne instrumentale Stimme frei über einem Bass zu gestalten. Fontana ist damit als einer der führenden Komponisten in der frühen Entwicklung der Sonate zu betrachten.

Es folgen fantasievolle Variationen auf die Gambensonate in G-Dur des Gambisten August Kühnels (1645-1699). Zu den Verzierungen erläutert er, sie seien äußerst knapp gefaßt; es sei, so heißt es im Vorwort, »fast ohnmöglich sie auff dem Papier alle zu exprimiren«. Zwei Werke „a due, Sopran e trombone overo violeta“ von Dario Castello (1602 - 1631) aus der Sammlung Sonate concertate in sAl moderno per sonar nel organo overo spineta con diversi Instrumenti a 2 & 3 voci überraschen durch Reichtum an Kontrasten und einen virtuosen Instrumentalsatz. In Venedig hielt Castello die Anstellung als "Capo di Compagnia de Musichi d'Instrumenti da fiato", sowie als "Musico dellaSerenissima Signoria di Venetia in

S. Marco" inne. Die ungewöhnlich vielen Nachdrucke der Sonaten (darunter eine von Phalèse, Atpn. 1658) zeugen von der großen Popularität seines Oeuvres. Zur Zeit der Veröffentlichung der Sammlung Sonate à Violino solo, per Chiesa e Camera (1660), worunter die Sonate "La Castella" erschien, wirkte Giovanni Antonio Pandolfi Mealli (1624 - 1687) in Innsbruck, einem pulsierenden Zentrum des europäischen Musiklebens. Dies ist vor allem dem dort regierenden Landesfürsten von Tirol Erzherzog Ferdinand Karl zu verdanken, der als großer Musikliebhaber besondersItalienische Komponist:innen, wie Biago Marini, Barbara Strozzi, Francesco Cavalli und Maurizio Cazzati unterstützte. Hinter Pandolfis affektvoller Musik versteckt sich die heißblütige Natur seines Komponisten;und so geht jener schließlich als Mörder des Kastraten Giovannino Marques, den er 1675 nach längeren Streitereien den mit dessen eigenem Schwert tötet, in die Geschichte ein. Es folgt die Flucht aus Messina nach Frankreich und schließlich nach Madrid, wo es ihm gelang, wieder als Geiger Anstellung zu finden, diesmal an der Capella Reale della Corte.

 

Text: Ensemble Bastion